7. Oktober 2022
Rentenanspruch bei Scheidung
So funktioniert der Versorgungsausgleich
Rund ein Drittel aller Eheleute in Deutschland geht irgendwann getrennte Wege. Bei einer Scheidung ist es unumgänglich, die zusammen erarbeiteten Werte und Versorgungsanrechte zu teilen. Hierzu zählen auch Rentenansprüche. Sie gelten als gemeinsame Lebensleistung.
Regelfall: interne Teilung
Während der Ehe erwerben beide Partner Versorgungsanrechte. Das sind Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung – die sogenannten Rentenanwartschaften. Diese sind oft unterschiedlich hoch, da ein Partner meist mehr verdient als der andere oder die Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung aussetzt. Im Fall einer Scheidung findet ein Versorgungsausgleich statt, meist in Form einer internen Teilung. Dabei geben beide Eheleute die Hälfte ihrer in der Ehezeit erworbenen Ansprüche an den anderen ab.
Automatische Verrechnung nach der gerichtlichen Entscheidung
Wenn beide Partner ihre Anrechte bei demselben Versorgungsträger erworben haben, verrechnet dieser die erworbenen und abzugebenden Ansprüche gegeneinander. Er überträgt nach der Scheidung den Ausgleichswert vom Rentenkonto des ausgleichspflichtigen Partners auf das Rentenkonto des ausgleichsberechtigten.
Entscheidend ist die Ehezeit
Die Ehezeit ist die Zeitspanne, die für den Versorgungsausgleich relevant ist. Alle Anwartschaften, die einer der Ehepartner davor oder danach erworben hat, bleiben unberührt. Die Ehezeit beginnt mit dem Monat der Eheschließung. Der Stichtag für das Ende ist der letzte Tag des Monats vor dem Monat, in dem der Scheidungsantrag dem Gericht zugestellt wird. War die Eheschließung also beispielsweise am 10. Mai 2010, beginnt die Ehezeit am 1. Mai 2010. Wenn der Scheidungsantrag dann am 13. Juli 2020 beim Gericht eingegangen ist, endete die Ehezeit am 30. Juni 2020.
Betroffene Anwartschaften
Vom Versorgungsausgleich betroffen sind nicht nur die Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Form von Entgeltpunkten auf dem Rentenkonto, sondern auch gegebenenfalls beamtenrechtliche Versorgungsansprüche oder auch berufsständische Versorgungen – zum Beispiel für Ärzte oder Rechtsanwälte. Unter anderem können auch Ansprüche aus einer privaten Rentenversicherung, einer Riester-Rente oder einer betrieblichen Altersvorsorge in den Versorgungsausgleich einfließen.
Vereinfachte Beispielrechnung zum Versorgungsausgleich
Im folgenden Beispiel werden die in der Ehezeit erworbenen Ansprüche beider Partner miteinander verrechnet:
Eheleute | Anrecht aus gesetzl. Rentenversicherung |
Anrecht aus privater Rentenversicherung |
Abzugebender Anteil an den Partner |
Eigene Gesamtversorgung durch Ausgleich |
---|---|---|---|---|
Partner A |
600 EUR | 350 EUR | 475 EUR |
800 EUR |
Partner B | 400 EUR | 250 EUR | 325 EUR |
800 EUR |
Ermittlung der notwendigen Angaben
Das zuständige Familiengericht entscheidet im Scheidungsverfahren über den Versorgungsausgleich. Ein gesonderter Antrag ist hierfür im Regelfall nicht notwendig. Die Eheleute müssen für den Rentenausgleich alle notwendigen Angaben beim Gericht machen. Dieses fordert daraufhin die benötigten Unterlagen bei den Versorgungsträgern an. Auch die Eheleute erhalten die Unterlagen. So können sie alle Angaben auf Richtigkeit prüfen. Dies sollten sie im Zweifelsfall einem Versicherungsmathematiker oder Rechtsanwalt überlassen, damit sie umfassend über Ihre Altersversorgung informiert sind.
Ausnahme: kein Versorgungsausgleich
Nicht immer kommt es bei einer Scheidung zum Versorgungsausgleich. Betrug die Ehezeit zum Beispiel drei Jahre oder weniger, ist ein Antrag eines Ehegatten dafür notwendig. Zudem können die Eheleute in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgevereinbarung festhalten, dass sie auf einen Versorgungsausgleich ganz oder teilweise verzichten möchten. Das Familiengericht kann grundsätzlich auch von einem Ausgleich absehen, wenn die jeweiligen Anrechte der Partner überwiegend gleichwertig sind. Um zu erfahren, welche Gegebenheiten und Ausnahmen zutreffen, ist es empfehlenswert, sich vorab von einem Fachanwalt beraten zu lassen.
Laufzeit des Anspruchs und Regelung im Todesfall
Der Anspruch auf die ausgeglichene Rente bleibt bis zum Tod des Anspruchsberechtigten bestehen. Die auszugleichenden Anwartschaften werden mit Rechtskraft der Entscheidung auf die Rentenkonten übertragen. Es gibt allerdings Ausnahmefälle, in denen die Regelung zurückgenommen werden kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Begünstigte noch vor Renteneintritt verstirbt oder zum Zeitpunkt seines Todes nur eine kurze Zeit lang Rente bezogen hat. Bei der Rückabwicklung werden allerdings sämtliche Anwartschaften zurück übertragen, also auch die selbst erhaltenen.
Eine Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs bei Wiederheirat eines der Betroffenen ist nicht vorgesehen, da es sich um Ansprüche für die Vergangenheit handelt.